Über den Künstler und Meermenschen Chris Landrock und sein Projekt meerkreativitaet, basierend auf einem Interview im Januar 2018.
Die Wärme der Sonne auf der Haut. Den Duft von Piniennadeln in der Nase. Weiß und Blau, Strand und Meer vor Augen, brechende Wellen in den Ohren, Sand zwischen den Zehen. Ein kleiner Ort in Frankreich, direkt am Atlantik. Hier habe ich Chris Landrock zum ersten Mal getroffen. In Erinnerung bleibt zuerst das unglaublich breite Grinsen. Vielleicht, weil ihm das Meer als Dankeschön für seinen Einsatz immer die besten Wellen zuspielt, so munkelt man?
Wann immer ich an ihn denke, sehe ich ihn mit seinem Longboard die Wellen absurfen. Entspannt und glücklich, in seinem Element. Chris kommt gebürtig aus Bremen und ist am Meer aufgewachsen, in Flensburg, ganz oben im Norden. Jetzt ist er wieder in Bremen, zumindest die Monate im Jahr, in welchen er nicht als sportlicher Leiter mit Salt-Tours von einem Surfcamp im Ausland zum anderen reist, um dort Menschen seine Passion näher zu bringen. Dabei ist er noch mehr als ein blonder Surflehrer. Chris macht Kunst aus Strandgut, um auf die Verschmutzung der Meere aufmerksam zu machen. Neben schönen Arbeiten aus Treibholz liegt sein Schwerpunkt deshalb auf Plastikmüll.
Er nimmt die Dinge, wie sie am Strand angespült werden und macht durch seine Arrangements etwas Neues daraus. Bearbeiten muss er sie jedoch nicht. Das Meer könne aus allem etwas Schönes machen, sagt er inmitten der Werkstatt, voller Plastik, Holz und Muscheln. Er sagt es so, als würde er sich selbst darüber wundern, dass das Meer zu dieser Verwandlung in der Lage ist. Seine Aufgabe ist es, die richtigen Arrangements zu finden. So gibt er auch angespülten Plastikteilen eine ganz neue Bedeutung, wenn er sie auf einer der Holzplatten anordnet. Oft eine, die nachdenklich macht. Oder träumen lässt; wäre es nicht schön, wenn ein Wal all die Plastikteilchen im Meer verschlucken und in Muscheln verwandeln könnte?
Schon als Kind hat Chris ebendiese gesammelt, zusammen mit anderem Schönem vom Strand. Im Studium führte er die Beschäftigung fort und sammelte bei Reisen und beim Arbeiten Treibholz. Während der Arbeit im Ausland stieß er dabei zunehmend auf Plastikmüll. Nachdem er sich handwerklich mit Rahmen, Regalen, Garderoben, Lampen und vielem mehr an Treibholz ausprobiert hatte, folgten Werke aus Plastikteilen. Alles das ist meerkreativitaet.
Die Schränke und Kisten in seiner Werkstatt sind voll mit Kuriosem vom Strand. Plastik, von Sand und Salzwasser bearbeitet, und Naturmaterialien. Darunter sind Dinge, die zu finden man nie erwarten würde. Nicht nur Sandspielzeug, auch kleinste Spielfiguren, Messergriffe, Kämme. „Alle Leute, die sich beteiligen, sind hinterher meist überwältigt, was man so alles findet, was nicht ins Meer oder an den Strand gehört.“, erzählt Chris von den Beach Clean Ups mit Freiwilligen, welche er saisonal fast wöchentlich an verschiedenen Küsten organisiert.
„Die Natur erschafft nun mal die schönsten Sachen“
Auch Infoabende über Meeresverschmutzung und über die Auswirkungen auf das Ökosystem veranstaltet er, neben den Ausstellungen seiner Werke, die eben dies thematisieren. Bei Vielen wird so das Bewusstsein für die Thematik verändert. Den jüngeren Menschen bringt Chris gerne Themen wie Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit bei Honorararbeiten in Schulklassen nahe. Meistens bekommt er die Wirkung seiner Arbeit positiv gespiegelt. Auf den Kunsthandwerkermärkten, welche Chris mit seinen Werken bestückt, sind die meisten Menschen angetan von der natürlichen Schönheit, welche die Arbeiten haben. „Die Natur erschafft nun mal die schönsten Sachen“, so Chris augenzwinkernd. Auch ich komme kaum aus dem Staunen heraus, als ich die Werkstatt zum ersten Mal sehe. Obwohl hier so viel zu sehen ist, das nicht in die Natur gehört, Chris ́ Gefühl dafür, wie einzelne Stücke miteinander wirken können, gibt den fertigen Werken zusammen mit den Verwitterungsspuren etwas Natürliches. Der Detailreichtum lädt ein zum genauen Hinsehen.
Das große Ganze unseres blauen Planeten, das ist Erholungsraum, Spielplatz, Inspirationsquelle für Chris Landrock, der sehr viel Zeit am und im Meer verbringt und gerne im Wasser ist. Kein Wunder, dass er dadurch auch die Schattenseiten mitbekommt, wie die Meere verschmutzen und die Lebewesen am und im Wasser, wie Fische, Wale und Seevögel, langsam aber sicher sterben. „Ich möchte mit meerkreativitaet die Schönheit der Natur sichtbar und gleichzeitig auf skurrile Art und Weise auf die Verschmutzung der Meere aufmerksam machen.“, beschreibt er den Spagat, in welchem sich seine Werke oft wiederfinden. Sie sind schön, aber auch bedrückend, denn sie bringen etwas nahe, das oft sehr weit weg scheint. Dass es den Meeren nicht gut geht.
Chris ́ Motivation für das Engagement ist ganz klar: etwas zurückgeben. Anders sein als die Menschen, die seiner Meinung nach noch viel zu unachtsam mit Flora und Fauna umgehen. Sein Weg über die Verwandlung vorhandener Ressourcen in schöne Sachen ist für ihn gleichzeitig ein Zeichen gegen den alltäglichen, übertriebenen Konsum.
Umweltbildung, Kunstwerke, Aktionen vor Ort, alles das macht Chris jetzt schon. Und genauso soll es weitergehen – für die Zukunft ist geplant, die Verschmutzung der Meere in vielen verschiedenen Richtungen und Bereichen zu thematisieren und die vorhandenen Arbeiten auf vielfältigste Weise auszubauen. Vor allem gilt: weitermachen.
Auf die Frage, warum das so wichtig ist, hat Chris eine einfache Antwort: „Es ist ein globales Problem, das jedes Individuum dieses Planeten betrifft … direkt oder indirekt.“
Unterstützen kann man ihn in seiner Arbeit ganz konkret bei Sammelaktionen und indem man sein Vorhaben bekannter macht: teilen, liken, verlinken, die Unikate aus Treibgut für den guten Zweck bei ihm auf Anfrage erwerben oder individuelle Auftragsarbeiten mit ihm abstimmen und demnächst im Wohnzimmer ein Stück Gutes inspiriert vom Meer haben. Chris unterstützt wiederum Projekte wie „One Earth One Ocean“, „The Great Bubble Barrier“, „Athletes Against Plastic“ oder das „Clean Ocean Projekt“.
„Jede*r Einzelne ist wichtig.“
Auch weitere Ausstellungsorte helfen dabei, die Thematik mehr Menschen näher zu bringen. Seit ich Chris kenne, denke ich öfter daran, eine Tüte mit zum Strand zu nehmen und den Müll auf meinem Weg einzusammeln. Ökologisch nachhaltiges Denken und Handeln und ein bewusster Umgang mit der Plastikproblematik und mit Ressourcen sind ebenso eine wichtige Form der Unterstützung – und wohl das eigentliche Ziel von Chris ́ Engagement. Dafür spricht auch sein Motto: „No Clean Sea No You And Me“.Chris ist nur ein einzelner Mensch. Seine Arbeiten aber erreichen viele mehr. Klar, dass Chris allen, welche sich für weniger Plastikmüll einsetzen wollen zuallererst mitgeben möchte: „Jede*r Einzelne ist wichtig.“ Am Ball bleiben, aktiv werden, informieren und untereinander Vernetzen, alles das kann jede*r Einzelne tun. Ich teile seine Meinung und hoffe, Dir mit dieser Vorstellung eines engagierten Menschen und seiner Projekte Inspiration und einen Anknüpfungspunkt zu geben.
Du möchtest mehr über Chris Landrock und sein Projekt „meerkreativitaet“ erfahren, die Werke aus Plastik und Treibholz erwerben oder herausfinden, bei welcher Veranstaltung du sie aus nächster Nähe bestaunen kannst? Dann klicke hier oder besuche Chris´ Facebookseite. Besonders die Trashfaces haben es in sich!
Was sind deine Erfahrungen mit Umweltengagement? Was motiviert dich? Schreib es mir, ich bin gespannt auf das, was du zu sagen hast.